Ihr erster Gedichtband »How to Cure a Ghost«, der 2019 erschienen ist, greift Themen wie Islamophobie, die Erfahrung sexueller Übergriffe und generationenübergreifende Traumata auf. In der Autorinnennote werden Sie als »junge, queere, muslimische Femme, die sich mit den Schwierigkeiten ihrer Intersektionalität auseinandersetzt« bezeichnet. Wie erklären Sie diese Attribute jemandem, der vor 1980 geboren wurde? Und sind das Etiketten, die Sie sich selbst gegeben oder die Sie von anderen erhalten haben?
Fariha Róisín: Ich glaube, es ist eine sehr unglückliche, weiß-suprematistisch-koloniale Tendenz, alles mit einem bestimmten Etikett zu versehen. Ich bin Kind aus einer bangladeschisch-muslimischen Familie in Australien, in Kanada geboren. Meine Familie ist gemischt, meine Eltern sind es auch. Aber sie sehen sich nicht als gemischt, weil sie den Bürgerkrieg 1971 überlebt haben. Ihre Identität ist gerade deshalb sehr starr, weil sie so hart für ihre Souveränität gekämpft haben. Sie sind nicht wirklich an ihrer Mehrdimensionalität interessiert. Aber für mich, weil meine Beziehung zu mir selbst anders ist und weil ich in dieser seltsamen Zeit aufgewachsen bin, in der ich sowohl Prä- als auch Postinternet bin, und weil ich in einem überwiegend weißen Land aufgewachsen bin, war ich alles, aber ich passte nirgendwo hinein. Und obwohl es andere Mädchen wie mich an meiner Schule gab, andere People of Color, passte ich nicht zu ihnen. Ich war von Natur aus frühreif, habe mich immer schon sehr zu vielen verschiedenen Dingen hingezogen gefühlt, und ich glaube, das resultierte in Wahrheit aus der Isolation. Da ich ein ziemlich turbulentes Leben zu Hause hatte, hatte ich das Gefühl, nie normal sein zu können, vor allem im Vergleich zu Familien mit liebevollen Eltern. An einem bestimmten Punkt beschloss ich, alles zu sein. Als ich anfing, »How to Cure a Ghost« zu schreiben, erkannte ich den Wert, eine »Multi-hyphenate«-Person zu sein, eine, die sich aus Anteilen mit mehreren Bindestrichen zusammensetzt, und wie radikal es war, sich zu weigern, etwas zu sein, das jemand anderes für mich wollte.