Barbie is here – you’re welcome!
Von Jovana Reisinger
Lesedauer: ca. 7 min.
Paris Hilton posierte 2017 für das Galore Magazin in einem pinken, mit dem Barbie-Schriftzug verzierten Minikleid von Moschino. Sie sitzt dabei auf der Motorhaube ihres pinken Autos, liegt darauf und wird von ihrem damaligen Boyfriend angeschmachtet, steht lässig davor oder sitzt darin. Ein ergiebiges Motiv. Hohe Schuhe, kleine Handtasche, Strasskette und Sonnenbrille in Herzchenform. Lächelnd, strahlend, etwas wollend. Hilton ist, seit sie die mediale Bühne betrat, mit Strass und Rosa assoziiert, sowie mit langen blonden Haaren und kleinen Hunden. Mit Party, Skandalen, Reality-TV, einem Millionenerbe und natürlich mit ihrer Baby Voice – denn erst seit wenigen Jahren tritt sie mit ihrer eigentlich wesentlich tieferen Stimme (öffentlich) auf. Ihre Karriere basierte lange Zeit auf der gewinnbringenden und überzeugenden Performance der harmlos naiven, dümmlichen Blondine. Ganz entgegen der klugen und vermutlich gerissenen, stets kalkulierenden Geschäftsfrau, als die sie sich heute präsentiert. Das vorsätzliche Ausnutzen der Vorurteile, die so einer Tussi gemeinhin entgegengebracht werden, um zum Beispiel Erwartungen an die Intelligenz oder den Erfolg zu untergraben, wurde in den 1990er Jahren von Feministinnen der Dritten Welle erstmalig als »Bimbofizierung« bezeichnet. Eine subversive Herangehensweise, die Stereotype aufgreift, übertreibt, ironisiert und für sich zu nutzen weiß. Hiltons Ästhetik, ihr Image und ihr Look sind seit Jahrzehnten genau das, was gerade unter dem Trend Barbiecore verstanden und zusammengefasst wird: hyperfeminin, funkelnd und aufregend. Changierend zwischen cute, sexy und herausfordernd. Denn dabei geht es nicht nur um High Heels, Make-up und Bonbonfarben, sondern auch um eine bestimmte Attitüde, eine Art Lebensstil. Nicht zuletzt geht es um Spaß und die damit einhergehende Grenzüberschreitung. Wie Paris Hilton es nennt: sliving – eine Zusammensetzung aus slaying (es Krachen lassen) und living, also alles aus dem Leben herauszuholen. Denn so eine Tussi nimmt Raum ein, und zwar jenen, der ihr im tradierten binären Rollenverständnis nicht zugestanden wird. Sie fordert bereits durch ihre äußere Erscheinung etwas ein: ob Aufmerksamkeit, Status, Sex, Macht, Geld oder Liebe. Dabei wirkt sie auch noch ausgelassen munter und gut gelaunt. Und doch ist Paris Hilton gerade nicht die angesagteste oder bekannteste Barbie der Welt. Nein, Barbie selbst ist es. Respektive Margot Robbie, die die (Stereotypical) Barbie im gleichnamigen Hollywood-Blockbuster spielt, unter der Regie von Greta Gerwig, und gerade eine jahrelange Marketingkampagne beinah hinter sich gebracht hat – die Academy Awards kommen schließlich noch). Der Film, der als erster unter der Führung einer Regisseurin (bereits nach knapp zwei Wochen) eine Milliarde Dollar eingespielt hat, und für Furore unter (Rechts-)Konservativen, wird von der breiten Masse sowie von Feminist:innen sowohl gefeiert als auch kritisch betrachtet.
Barbie ist überall. Ihr Schriftzug ziert Verpackungen und Produkte jedmöglicher Art, offenkundig auch solche, die nichts mit dem Film oder der Puppenwelt zu tun haben. Eine durchkapitalisierte Loopstruktur. Die Charaktere des Films wurden bei Kinostart als Spielzeugpuppen herausgebracht, die Accessoires der Filmwelt für die reale Welt produziert. Die Produktionsfirma Mattel ging mit größeren und kleineren Marken Kooperationen ein und präsentiert einen schier endlosen Merchandisekatalog. Zudem die Kopien davon. Ein allumfassender Hype. Übergroße Barbie-Verpackungsschachteln wurden in Kinos und Kaufhäusern platziert, um sich selbst für Social Media als Spielzeugpuppe inszenieren zu können. Welche Barbie möchte ich sein? Schriftstellerinnen-Barbie? Star-Barbie? Party-Barbie? Single-Barbie? Eigentlich doch jede von ihnen und zwar gleichzeitig.